Kriegs- und völkerrechtliche Grundlagen für den Umgang mit Kriegsgefangenen
Die Haager Landkriegsordnung von 1907 sowie die Genfer Konventionen von 1929 regelten offiziell den rechtlichen Status von Kriegsgefangenen und ihre Behandlung. So sollten diese genauso ausreichend mit Lebensmitteln versorgt werden wie die eigenen Truppen, und ihre Familien sollten nach der Registrierung beim Internationalen Roten Kreuz über die Gefangennahme informiert werden. Viele der kriegführenden Regierungen versuchten, diese Vorgaben einzuhalten. Die Sowjetunion hingegen hatte sich 1929 geweigert, den dritten Genfer Vertrag über die „Behandlung von Soldaten in Gefangenschaft“ zu unterzeichnen, und hielt sich auch nicht an die noch durch den russischen Zaren unterzeichnete Haager Landkriegsordnung.
Die deutsche Wehrmacht machte bei der Behandlung der Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkriegs erhebliche Unterschiede zwischen den Nationalitäten: Westeuropäische Soldaten, also etwa Briten oder Niederländer, wurden vergleichsweise besser untergebracht und mussten weniger oft schwer körperlich arbeiten. Den osteuropäischen Kriegsgefangenen verweigerte man allerdings weitgehend die Behandlung gemäß den Konventionen. Dies zeigt insbesondere der Umgang mit den sowjetischen Kriegsgefangenen, deren Sterblichkeitsrate in deutscher Kriegsgefangenschaft durch Verhungern, Verwahrlosung und mangelnde medizinische Hilfe bei über 50 Prozent lag. Die Genfer Konventionen wurden vor allem auch dadurch missachtet, dass man viele von ihnen in Konzentrationslager überstellte, wo die SS sie systematisch und in großer Zahl ermordete. Als Vorwand für dieses Nichtbefolgen der Genfer Konventionen durch die deutsche Seite wurde die Weigerung der Sowjetunion herangezogen, selbige zu unterzeichnen.
Aufgrund der plötzlich ansteigenden hohen Anzahl der Gefangenen konnten die amerikanischen Streitkräfte, trotz der Bemühungen von offizieller Seite, die Bedingungen der Genfer Konventionen ab März 1945 nicht mehr einhalten. Formal wählte man daher für all jene, die nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8./9. Mai 1945 in Gefangenschaft gerieten, den Status „Disarmed Enemy Forces“ (‚entwaffnete feindliche Kräfte‘, DEF) statt wie zuvor „Prisoner of War“ (‚Kriegsgefangener‘, POW). Die Briten bezeichneten diese Gruppe als „Separated Enemy Personnel“ (SEP). Dies hatte zur Folge, dass Regelungen, die für Kriegsgefangene nach den Genfer Konventionen galten, hier nicht zur Anwendung kommen mussten. So wurden sie beispielsweise nicht registriert, zeitnahe Entlassungsfristen konnten umgangen werden und die Versorgung mit Lebensmitteln musste nicht auf dem gleichen Niveau wie das der amerikanischen Soldaten gewährleistet werden; zudem sollte ihre Versorgung von deutscher Seite erfolgen.
Der Großteil der Gefangenen in den Rheinwiesenlagern galt jedoch als POW. Generell war dies ohnehin zumeist eine rein formale Differenzierung und die Behandlung der POWs und der DEFs unterschied sich in den Kriegsgefangenenlagern nicht erheblich. Diese Regelung stellte zwar einen Verstoß gegen die Genfer Konventionen dar, doch wäre eine regelkonforme Versorgung nur auf Kosten der deutschen Zivilbevölkerung und der Displaced Persons (DPs) – darunter fielen im Sommer 1945 mehr als 10 Millionen befreite Zwangsarbeiter und ehemalige Häftlinge aus Konzentrationslagern – möglich gewesen, was moralisch nicht vertretbar war.