Das Verhältnis Bewacher — Gefangene

Der amerikanische Gefreite Paul Drop bewacht ein Lager, in dem Kriegsgefangene aus den Kämpfen im Ruhrgebiet untergebracht sind. Fotografie der US-Armee, 21. April 1945. Quelle: National Archives Washington, DC.

Der ame­ri­ka­ni­sche Gefrei­te Paul Drop bewacht ein Lager, in dem Kriegs­ge­fan­ge­ne aus den Kämp­fen im Ruhr­ge­biet unter­ge­bracht sind. Foto­gra­fie der US-Armee, 21. April 1945. Quel­le: Natio­nal Archi­ves Washing­ton, DC, III-SC-204650.

Die deut­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen mach­ten in den Lagern die unter­schied­lichs­ten Erfah­run­gen mit den ame­ri­ka­ni­schen Bewa­chern. Die­se reich­ten von gro­ben Über­grif­fen und Schi­ka­nen bis hin zu Hil­fe und Ent­ge­gen­kom­men. Je nach Cha­rak­ter oder Stim­mung der ame­ri­ka­ni­schen Sol­da­ten reagier­ten die­se will­kür­lich, gleich­gül­tig, berei­cher­ten sich oder hal­fen den Inter­nier­ten. Eini­ge sahen das deut­sche Volk ins­ge­samt als Kriegs­ver­bre­cher und folg­lich in allen Gefan­ge­nen schul­di­ge Täter, die bestraft wer­den müss­ten. Ande­re waren über­for­dert durch die Viel­zahl an deut­schen Gefan­ge­nen, die sie bewa­chen muss­ten, und reagier­ten dar­auf mit Schlä­gen oder Schüs­sen. Wie­der ande­re beschlag­nahm­ten die Wert­sa­chen der Ein­ge­sperr­ten oder zer­stör­ten die­se aus Schi­ka­ne. Es kam auch dar­auf an, in wie weit sich ein ame­ri­ka­ni­scher Wach­sol­dat an das bestehen­de Fra­ter­ni­sie­rungs­ver­bot hielt, wel­ches ihm den per­sön­li­chen Kon­takt mit den Gefan­ge­nen untersagte.

Poli­tisch wur­de von ame­ri­ka­ni­scher Sei­te immer wie­der – vor und nach Kriegs­en­de – betont, dass der fes­te Wil­le bestün­de, die Gefan­ge­nen gemäß der Gen­fer Kon­ven­tio­nen und der Haa­ger Land­kriegs­ord­nung zu behan­deln. Auch abge­wor­fe­ne alli­ier­te Flug­blät­ter sicher­ten den Deut­schen zu, dass man sie ver­sor­gen und gut unter­brin­gen wol­le. Dass dies häu­fig nicht gelang, hing von den wid­ri­gen Umstän­den ab. Von einer bewuss­ten Täu­schung, um Wehr­macht­sol­da­ten zum Auf­ge­ben zu bewe­gen, kann daher nicht die Rede sein.

Bei der Gesamt­be­ur­tei­lung der Bedin­gun­gen im Lager sind zwei Aspek­te zu beach­ten, die auch die Dar­stel­lung in den Erleb­nis­be­rich­ten ehe­ma­li­ger Kriegs­ge­fan­ge­ner stark beein­flus­sen: Ers­tens war vie­les impro­vi­siert, da die Ame­ri­ka­ner die Gefan­ge­nen nicht lan­ge unter ihrer Kon­trol­le behal­ten woll­ten und daher nicht glaub­ten, rich­tig aus­ge­bau­te Lager mit Lage­r­ord­nun­gen eta­blie­ren zu müs­sen. Zwei­tens waren die trau­ma­ti­sier­ten Deut­schen tief ent­täuscht über die Situa­ti­on, da sie unter Ver­ken­nung der Situa­ti­on und der Mög­lich­kei­ten auf eine bes­se­re Behand­lung durch die ame­ri­ka­ni­sche Besat­zungs­macht gehofft hat­ten. Infol­ge der Angst, even­tu­ell nicht zu über­le­ben, blie­ben vor allem schlim­me Erleb­nis­se oder Gerüch­te, die in den Lagern ver­brei­tet wur­den, in Erinnerung.